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  Die Rückkehr einer Legend - Alles auf Start

Fahrradfahren verlernt man nicht, so sagt man, doch der Wiedereinstieg in die Welt der analogen Aufzeichnungstechnik ist nicht ganz so einfach zu bewerkstelligen, wie man sich das vielleicht vorstellen mag. Grundlegende alltägliche mechanische und elektrotechnische Abläufe und Prozesse sind aus unserem Alltag verschwunden und fielen der allgegenwärtigen Digitalisierung zum Opfer.

So macht sich wohl der normale Anwender in der Regel keine ernsthaften Gedanken über die im Inneren einer Festplatte auftretenden Fliehkräfte oder sorgt sich um die elektromechanischen Prozesse, die dem Schreib- und Lesekopf des gleichen Gerätetyps seine Arbeit ermöglichen.

Bei einem Tonband rotieren ggf. Metallspulen - beim Vor- und Rückspulen mit hoher Geschwindigkeit - deren Berührung während dieses Vorgangs zu Schnittverletzungen an Hand und Finger führen kann.

Mit einem Pflaster aus der Ersten-Hilfe-Kiste waren die Folgen dieser Unachtsamkeit schnell unter Kontrolle und der Lernprozess begann.

Einige meiner derart neu wiedergewonnenen Erfahrungen schildere ich im Folgenden gerne und bin mir dabei bewusst, dass die eine oder andere Episode den altgedienten Tonbandfreund eher zum Kopfschütteln als zu Mitleidsbekundungen bewegen wird.

  Revox B77

Erinnerungen an die 70'er Jahre werden wach!

  Kilohertz-Pfeifen

Zweifelsohne verfüge ich über ein empfindliches Gehör, was sich für den maximalen Musikgenuss in der Regel als vorteilhaft erweist, doch im Falle meiner Neuerwerbung führte diese Eigenschaft zunächst einmal zu Irritationen.

Bei einer Bandlaufgeschwindigkeit von 19 cm pro Sekunde gab meine B77 nach kurzer "turbinenartiger" Hochlaufprozedur einen kontinuierlichen hohen Pfeifton von sich. Bei der sonstigen Stille in meinem Hörraum, der weder von städtischen Straßenbahnen noch von tieffliegenden Passagiermaschinen oder hupenden Autokorsos gestört wird (wir wohnen sozusagen in ländlicher Gegend mit einer abendlichen fast beängstigenden Stille) war das neue Geräusch selbst auf den wenigen in etwa vier Meter Entfernung befindlichen Hörplätzen unüberhörbar.

Geht gar nicht, dachte ich und erhielt hierfür die Zustimmung meiner Gattin und Finanzministerin. "Ist völlig normal und nicht zu ändern", so der trockene Kommentar meines Fachhändlers mit Zertifikat.

Nach kurzer Irritation setzte sich mein unerschütterlicher Glaube an das eigene Gehör allerdings recht schnellt durch, so dass ich davon ausgehe, dass dieses Problem auch andere Wiedereinsteiger treffen dürfte, da sich unsere Ansprüche an die Eigengeräuschentwicklung von Geräten zur Musikwiedergabe seit den 70ern deutlich veränderte haben dürften.

An dieser Stelle möchte ich die dann folgenden erschütternden und für empfindliche Gemüter erschreckenden Diskussionen mit besagtem Fachhändler aus Gründen der Diskretion und um unnötigen Zwiespalt innerhalb der Revox-Gemeinde zu vermeiden, aussparen und mich auf die Fakten konzentrieren.

Zwischen Tachogenerator und Capstanwelle der B77 besteht ein winziger Luftspalt, dessen Maß vom Hersteller fest definiert ist. Ozillierende Luft erzeugt bei hohen Drehgeschwindigkeiten einen hörbaren Pfeifton.

Soweit die Theorie. In der Praxis kann dies störend wirken oder auch nicht. Das hängt von vielerlei Umständen ab. Aufstellungsort und Akustik des Raumes, Empfindlichkeit der Hörer aber auch Umgebungsgeräusche spielen hier sicher eine subjektive Rollt. Ob es objektiv deutliche Lautstärkeunterschiede je nach Baujahr und Nutzungsdauer des Gerätes gibt, konnte ich bisher nicht zweifelsfrei klären. Dennoch gibt es genügend Revox-Freunde, die sich über geeignete Abhilfe Gedanken gemacht haben.

Nach der geschäftlichen Trennung vom Händler mit Zertifikat klagte ich mein Leid dem einen und dem anderen Revox-Freund und lernte schließlich Herrn Thomas Schröder (Revox Online) kennen, der nicht nur ein offenes Ohr für mein Problem mit dem bei einem "Mitbewerber" erstandenen Gerät hatte, sondern sich auch bereit erklärte, für einen  fairen Preis Abhilfe zu schaffen. Durch minimale Vergrößerung des Abstandes des Tachogenerators von der Capstanwelle gelang es Herrn Schröder, das störende Geräusch auf ein kaum hörbares Maß zu reduzieren, so dass ich nun auch bei leisen Musikpassagen auf die Instrumente achten kann und nicht die Möglichkeit eines neu entstandenen Tinnitus auf beiden Ohren in Erwägung ziehen muss.

Für professionellen kundenfreundlichen Rat empfehle ich also gerne Revox Online, Herrn Schröder und sein Team. (Siehe "Verbindung").

Die Puristen unter meinen Lesern werden nun einwenden, dass dieser Eingriff nicht nach den Service-Spezifikationen des Herstellers durchgeführt wurde und ich werde antworten, dass das meinen Musikgenuss in keiner Weise trübt.

18. Januar 2015

Und nix pfeift mehr.

Hatte schon Herrn Schröders hilfreicher Eingriff erhebliche Entspannung gebracht, so kehrte die gewünschte "totale Stille"  erst mit dem Abschied von der Normalversion und dem Erwerb einer High-Speed B77 MK II ein.

Die Erklärung ist schlicht und doch ergreifend: die Tonwelle der B77 HS ist mit einem Durchmesser von 9,06 mm mehr als doppelt so dick, wie die der Standdardausführung (4,51 mm). So dreht sich die Welle bei einer Bandgeschwindigkeit von 19 cm/s halb so schnell, wie die kleinere Version. Ergo: das Pfeifgeräusch sinkt unter die Hörschwelle.

Zugegebener Maßen ist diese Lösung nicht gerade die preiswerteste...


  Cinch-Verbindung

Ich war gewarnt. Wenn im Secondhand-Onlinehandel neue Platinen auftauchen, die den Abstand zwischen den Cinchbuchsen einer B77 vergrößern sollen, muss wohl ein Problem vorliegen. Allein der Versuch, zwei Cinch-Stecker eines Oehlbach Kabels in der Nähe der entsprechenden Buchsen der B77 zu positionieren, machte deutlich, dass sich am Cinch-Standard während der letzten 35 Jahre etwas verändert haben musste. Satte 5 Millimeter fehlten zwischen den Buchen. Und schon fragte ich mich, weshalb ich nicht diese wundervolle Platine bestellt hatte! Aber ich wollte ja nun mal nicht löten. Nicht jetzt!

Kurzum: Musikhaus Thomann hat's. Die Grove Sommer-Kabel (die ich schon in diversen anderen Ausführungen schätzen lernte) mit den Hicon-Steckern aus deutscher Produktion (ich hatte bei dem Namen eher an eine asiatische Begrüßungsformel der Wertschätzung gedacht) passen - so gerade! Aber so gerade passt eben auch.
Sommer Kabel
 
Mittlerweile habe ich mich im Zuge der zuvor beschriebenen Odyssee dazu entschieden, durch Revox-Online die originalen "schlichten" Cinchbuchsen durch hochwertige Exemplare auf einer neuen Platine mit vergrößertem Abstand zwischen den Buchsen austauschen zu lassen. Das ist zwar nicht ganz billig, erhöht aber den Komfort ganz erheblich.
Hicon Stecker
   
 
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