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  Analog vom Anfang bis zur Auslaufrille    
 
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Der Zweck heiligt die Mittel

Triple A - Markenzeichen für analoge Produktionen in Vollendung. "Analogue Recording - Analogue Mastering - Analogue Cutting". Wie früher. Als Elvis sich im April 1960 mit der Aufnahme von "fever" unwissentlich in die Geschichtsbücher der High-End-Gemeinde eintrug, waren seine Produktionsbedingungen alles andere als "State of the Art". Sie waren schlicht und ergreifend normal. Keine nachhalloptimierte Raumakustik, kein 28bit A/D-Converter, keine fingerdicken Voodoo-Kabel. Und doch ist die Aufnahmequalität bis heute im wahrsten Sinne des Wortes ergreifend.

Als ich das erste Mal Inga Rumpfs "white horses" hörte, wurde ich für einen Augenblick an jene guten alten Zeiten erinnert, obwohl sich die beiden genannten Produktionen natürlich deutlich von einander unterscheiden - und nicht nur was das fehlende Grundrauschen der letztgenannten LP angeht.

Doch geht es mir nicht um eine weitere Hörempfehlung - die ich "ganz nebenbei" selbstverständlich gerne und uneingeschränkt ausspreche. Es geht mir eher um die Frage, weshalb wir Hörer mehrere Jahrzehnte warten mussten, bis die Erkenntnis, dass eine endgültige Erfindung eben eine endgültige Erfindung ist, wieder hoffähig wurde.

Eine Schere ist eine Schere und eine Schallplatte eine Schallplatte. Die compactdisc ist etwas anderes.

Mehrere Jahrzehnte hat man dem gemeinen Volk versucht einzureden, die CD und alle anderen silbernen Scheiben wären die Weiterentwicklung dessen, was man gerne und allzu schnell mit der Vinyl-LP begraben hatte. Die Zerlegung in bits und bytes, so versuchte man uns glauben zu machen, sei die Quantifizierung des Hörvergnügens, welches man dann beliebig upsample(n) oder besser gesagt: potenzieren könnte. Wer hinhörte, wusste, dass das Ganze vom ersten Tag an eine Mogelpackung war. Doch wer hörte schon hin. Und wenn ja, unter welchen Bedingungen. Auch ich war "besoffen" von der Idee, Musik in nie gekannter Qualität hörbar zu machen und nahm jede akustische Irritation als Kinderkrankheit auf dem Weg zum Optimum hin. Das war 1980.

Schallplatten ließen sich damals besser verkaufen, wenn sie das Siegel "digital recording" trugen.

Was für eine Ironie des Schicksals, dass heute das exakte Gegenteil sich verkaufsfördernd auswirken soll: Alles analog.

Nun würde wahrscheinlich heutzutage niemand zum Beispiel die generelle Abschaffung von Supermärkten fordern, nur weil es in den alten Tante-Emma-Läden einfach besser roch. So gehöre ich auch nicht zu den ewig Gestrigen, die nun glauben, die 180g-HQ-LP sei die Weiterentwicklung der Super-Audio-CD. Eine LP ist eine LP und eine CD ist eine CD. Endgültig. Und Musik ist Musik. Apropos Musik, um die geht es doch schließlich oder?

  Fotografien wurden in den frühen Jahren auf Holzplatten, Glas und Asphalt beschichteten Zinnplatten angefertigt. Es folgte Zelluloid und der nicht brennbare "Safty-Film". Festplatten (was ist eigentlich fest an den rotierenden Scheiben?) mit Silber beschichtete Polycarbonatscheiben und Flash-Speicher sind neue Medien - aber eben nur Medien. Konsequent eingesetzt dienen sie Ihrem Zweck. So speichere ich selbstverständlich auch Fotos und Musik auf solchen Trägern - zu bestimmten Zwecken.

Und hier liegt der Hase im Pfeffer. Der Zweck heiligt die Mittel, heißt es. 

Und das Mittel zum umfassenden Hörgenuss ist eben nicht das "streaming" von "files" sondern die Vinylschallplatte, mit deren Hilfe wir seit den1950er Jahren die mechanischen Schwingungen von Instrumenten und Stimmen mechanisch reproduzieren. Analog to analog.
White Horses
 
Weitere zwischengeschaltete Transformationen sind nicht nötig, letzendlich hinderlich.
Oder würden Sie einen 18 Jahre alten Laphroaig* vor dem Genuss zunächst durch einen Kaffeefilter gießen, um ihn dann aus einem Pappbecher zu trinken?

Apropos Laphroaig: Der schwere rauchige vom Eichenholz geprägte Geschmack dieses edlen Tropfens ergänzt Stimmung und Klang von white horses meines Erachtens perfekt. 

*Single Malt Scotch Whisky / bei Interesse den Whisky-Papst Horst Lüning fragen.

 
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